label: sinnbus records
produkt: cd
stil: indie-elektronik
bezirk: friedrichshain-kreuzberg
Es ist wie eine leise Ahnung. Wie das Gefühl, dass sich etwas ändern, etwas bewegen muss. Solch ein unbestimmtes, aber gleichsam unmissverständliches Gefühl muss Charlotte Salomon angetrieben haben. Als sie um ihr Leben zeichnete, als sie ihre eigene Geschichte zwischen Ja und Nein zu Papier brachte und ihre Welt in Frage stellte. Salomon starb früh; viel zu früh, um die Antworten für sich zu finden. Und das, was von ihrem inneren Kampf, ihrer leisen Vorahnung und dem ewigen Nichtankommen Bände spricht, ist in "Leben oder Theater" nachzuempfinden. Es ist ein zeichnerisches Theaterstück oder - wie sie es selbst nannte - ein Singspiel, das in seiner Dramatik und Intimität weder fass- noch beschreibbar ist. Es sind die Stimmungen jener Bilder, die nicht mehr loslassen.
"We circle the yes, we strike the no, we struggle for maybe - we do nothing at all" heißt es in dem Refrain eines Songs von I Might Be Wrong. Ein Song, der nicht auf dem neuen Album der Berliner zu hören ist. Weil alles nur um diese Worte kreiste, diesen Zustand jener Zeilen von Sängerin Lisa von Billerbeck - mehr gab es nicht hinzuzufügen. Der Song wurde nie fertig, ist zugleich aber Dreh- und Angelpunkt von "Circle The Yes". Denn dieses Album erzählt von einem Zustand, der verängstigt und ermutigt, der kreischt und schweigt, der wahnsinnig und glücklich zugleich macht: Man kommt dem Ja immer näher, aber niemals zum Greifen nah. Es bleibt immer in der Ferne, wie nah es auch ist. Man versucht es wieder und wieder fassen, sich von neuem zu nähern, wähnt sich kurz vor dem Ziel, bis einem die Distanz wie Schuppen von den Augen fällt. Die Sinnsuche im eigenen Loop.
Von diesem Zustand singt Lisa von Billerbeck mit belegter Zunge, fiebrigem Kopf und aufgewühltem Herzen. Und ihre Band, die als solche im letzten Jahr vehement zwischen Ja und Nein, zwischen Zusammenfall und -halt schwankte, vertont diese Geschichte, dieses Singspiel so rührend mit. Denn I Might Be Wrong kratzten an ihrer Essenz, kippten vor und zurück, gingen Schritt für Schritt an Grenzen und Eingemachtes. Nun sind sie eins. Nach all dem Wankelmut ist diese Band sicher nicht am Ziel, aber doch auf einer neuen Ebene, inmitten einer anderen Stimmung und inneren Spannung, die sie gemeinsam vorwärts Richtung Neuland treibt. Kein überstrapaziertes Klickerklacker, weniger beiläufiger Knisterkram und viel mehr von jedem Teil des Ganzen, diesem kreativen Gemeinschaftskosmos, in dem sich in den letzten zwei Jahren so viel gedreht hat. Man stelle sich vor, dass Feist die Schlechtwetterfront bei Delbo durchbricht oder Cat Power The Album Leaf wach küsst und in eine noch fantastischere Traumlandschaft schickt. Unentschlossen, gänzlich verloren oder zwischen den Stühlen? Nein, hier schließt sich ein Kreis zum Guten. "Circle The Yes" ist ein Sing- und Sinnspiel, das in seiner Intensität weder fassbar noch mit Worten zu beschreiben ist. Vielmehr sind es die Bilder, die hier mit jeder Melodie und jeder Silbe gezeichnet werden. Unmissverständlich, berührend und immer mit dieser leisen Ahnung.
tracks
01. Woodpecker
02. A Penny For Your Thoughts
03. A Propos
04. Jalopy
05. Pick A Panel
06. Chekov
07. Salomon
08. Novel Rave
09. It Takes Two To Tango
10. Elliott
Bezirk: | Mitte |
EAN: | 4042564105476 |